Tour de France

Tag 16 (27/06) – Severac le Chateau

Der Tag beginnt im Schickimicki-Campingplatz und ich schicke Steppe weg, also vor… Wir treffen uns am Abend wieder, aber tagüber wollen wir jeder unsere eigene Strecken machen. Die französischen Kinder, die übrigens genauso laut sind, wie deutsche Kinder, lärmen ausgelassen durch den angrenzenden Wald in Tonlagen, die durch alle Nervenbahnen bis ins Mark reizen. Bloß weg hier. Aber vorher nach dem Öl schauen. Es sind knappe 50ml nötig, um wieder an der Unterkante Oberkante zu sein. Andorra hatte doch ein paar Steigungen. Heute wird der Tag etwas ruhiger angegangen. Zuerst bin ich halb planlos, als ich den Campingplatz verlasse, auf dem jetzt sogar noch eine Hüpfburg aufgestellt wird. Bloß schnell weg hier. Als nächstes stand Carcassonne an. Aber das ist nicht weit. Trotzdem ist es schon kurz vor High Noon, als ich das Ortseingangsschild passiere. Immer der Ausschilderung nach, Richtung Zentrum und einen passablen Parkplatz für meine Walli d’Arc ist bald ein schöner Platz gefunden, auf einem kleineren Marktplatz vor einem alten religiösen Gebäude. Ich stelle ab, bleibe aber noch lange bei ihr sitzen. Eigentlich will ich hier nicht allein sein. Eine Royal Enfield gesellt sich neben Walli, dann stapfe ich los. Ich werde belohnt für den kurzen Aufstieg, die äußeren Mauern sind künstlerisch aufgewertet, gefällt mir ausgezeichnet. So macht fotografieren noch mehr Spaß. Allerdings muss man natürlich ein wenig warten, bis man einen Moment erwischt, der gerade menschenleer ist, oder man Touristen geschickt ausblenden kann. Ich schlendere noch ein bisschen da oben rum, bis zur mittleren Wehrmauer, dann lässt mich meine Schöne unten auf dem Marktplatz nicht mehr in Ruhe. Hab kein Schloss dabei und eigentlich braucht es nur einen einzigen Schlaubi mit krimineller Energie, der den Schalter auf Zündung „an“ stellt und ab geht die Lucie, ich würde Walli nie wieder sehen. Das sind immer so meine Vorstellungen, die mich schneller laufen lassen. Aber niemand ist bei ihr, noch nicht mal ein neugieriger Passant. Also sitze ich wieder bei ihr und überlege, ob ich mir noch das Mittelmeer gönne… Es ist Samstag und ich habe noch eine Woche Zeit, ich will nicht nach Hause. Aber wohin? Narbonne? Ich habe immernoch Lust auf Meer, es war so wundervoll am Atlantik. Also los. Mittag ist schon rum, dann setzt wieder meine Vernunft ein. Es muss ja nicht so bleiben, wie es bis jetzt mit der AWO gelaufen ist. Eine Halterung (die vordere) vom Auspuff ist gebrochen und die Feder vom Seitenständer ist weg. Irgendwo auf der Schotterpiste auf dem Weg nach Andorra. Und den Auspuff hatte ich vorher schon mit Federn in Lourdes stabilisiert. Sonst keine Probleme. Kein Sturz, keine Elektrikprobleme, einfach nichts. Aber was, wenn die Probleme erst noch kommen? Also doch lieber mit ein bisschen Zeitpolster Richtung Heimat. Tschüssi Plan. Steppe meldet sich via Signal und gibt mir seine Koordinaten, dann gebe ich mal ein bisschen Gas und bin flugs beim Chevalier. 30 Kilometer vorm Ziel tut sich eine größere Stadt auf (Millau), von der man als erstes das Viadukt wahrnimmt, weil es sich vor einem auftut, wie von Außerirdischen geschaffen, so konträr, dass man seinen Blick kaum abwenden kann, was bei den dauernden Serpentinen dan ganzen Tag schon etwas gefährlich sein kann. Ich finde mich öfter auf dieser Reise etwas außerhalb der Ideallinie, aber alles sturz- und komplikationslos. Nur Steppe muss manchmal das Herz etwas stehengeblieben sein, beim Hinterherfahren. Dann erreiche ich meinen Chevalier und bin begeistert, womit er seine Comtessa wieder beeindruckt.Severac le Chateau. Unser Nachtlager ist bald aufgestellt, den Regen halten wir beim Spaziergang in die Kleinstadt gern aus, weil es warmer Regen ist und die Sonne dazu scheint. Ein Sommerguss. Als wir in dem Städtchen sind, sehen wir nüchtern doppelt. Gleich zwei Regenbogen. Vollständig. Das begießen wir sofort mit Wein und lassen es uns im Restaurant gut gehen. Dann schlendern wir noch in und durch die Altstadt und können uns gar nicht richtig satt sehen, diese Farben des Sonnenuntergangs spiegeln sich noch lange in den alten Gassen und Mauern und uns wird ganz romantisch ums Herz.

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20200627

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