20/8 Aufwiedersehen Europa, wie ich es kenne

Ein klammer kühler Morgen. Die Sonne quält sich durch den Morgennebel. Auch ohne Regen ist das Zelt pitschnass. Während eines ausgedehnten Frühstücks kommt die Sonne immer mehr hervor und trocknet das meiste ab. Nach dem Packen ist vor dem Route checken. Ein Blick auf Hollands Straßennetz verrät mir, ich probiers garnicht erst mit Landstraße. Erst kurz vor Rotterdam werde ich entscheiden, ob ich noch ins Grüne abbiege gleich zum Fährhafen baldowere.
Holland von der Autobahn aus ist, sagen wir mal, lieblos wäre noch geschmeichelt. Je näher man den Großraum Amsterdam und Rotterdam kommt, um so größer die Autobahnen und engmaschiger die Kreuze. Also nicht die am Straßenrand.
Bis Großraum Rotterdam ist es sehr angenehmer Sommertag. Ich suche mir ein Stück Landstraße aus, wo ich fürs leibliche Wohl meiner AWO und meiner Wenigkeit sorge und den Rest der Zeit bis zum Check in verbringe. Die Landzunge westlich von Rotterdam scheint mir dafür sehr geeignet. 5km vor der angepeilten Tankstelle wird es trüb am Himmel. 3km davor wird es dunkel. 1km davor werde ich naß, ohne Chance auf einen Halt an der Seite, um doch noch schnell die Regenklamotten überzustülpen. Jacke naß, Hose naß, Schlüpper noch nicht. Könnte ein längerer Aufenthalt werden in der Tanke. Doch dort drin bläst die Klimaanlage kalt von der Decke. Das hältst du nicht aus. Ich suche mir eine Route zusammen, die aus einigen Cafés besteht. In einem davon gedenke ich trocken zu werden. Also nun doch Regenklamotten und ab dafür. Das erste Café gibt es nicht mehr. Kurz danach gibt es eine Fähre, die so eine kurze Überfahrtzeit hat, daß das Bezahlen und Anziehen der Handschuhe länger dauert, als das Ab- und Anlegen. Der gute Käpt’n sieht, daß ich bei den widrigen Verhältnissen Mühe habe, überhaupt trocken ans Geld zu kommen, gibt aber auch nicht klein bei. Nicht aufregen. Das nächste Café ist eigentlich kein Café, sondern ein privater Rustpunt (holländisch für Rastpunkt). Also ein Rastplatz bei einem schön abgelegenen Haus auf freiem Feld. Ohne den Karteneintrag wäre ich hier nie abgebogen. Auf dem Hof angelangt, schaue ich durch ein großes Fenster zur Stube hinein und sehe spielende und schreiende Kinder. Ob ich hier wirklich richtig bin? Da, da hinten, eine Frau. Sie schaut mich min großen Augen durch das Fenster an und denkt sich, wer mag der Astronaut auf dem nicht ganz so taufrischem Hobel sein? Das es unter dem Helm auch nicht mehr so taufrisch aussieht, weiß sie in dem Moment noch nicht. Sie verschwindet, um kurz darauf um die Ecke zu biegen und mich auf holländisch fragt „Geschwind, geschwind, woher trägt dich der Wind?“ „Vom Osten komme ich her, und hab bei Regen keine Lust mehr!“ Eine große Garage, eingerichtet als Partyraum mit Bar, wird mir angeboten und ich bekomme Kaffee und Keks. Hier lässt sich doch die Zeit absitzen. Nur, je länger ich warte, um so heftiger wird der Regen. Soll das der Vorgeschmack sein auf England? 18.30 Uhr, ich muß los und kann nicht länger warten. Es schüttet aus Eimern, das Navi macht sich selbständig. Ich muß mehrmals anhalten, um die Navi-App wieder zum Vorschein zu holen. Das ist genau das, was mir zu Hause gefehlt hat: ein anständiger Härtetest mit Regen und allen drum und dran. Nun puzzle ich mir mit nassen Fingern meine Route zum Fährhafen zusammen, welcher immer wieder vom Display verschwindet. Sehr ärgerlich, sehr sehr …
5km vor dem Ziel dann die ersten Hinweisschilder: Hull. Ich brauch kein Navi mehr, der Rest findet sich. Mit 80 Sachen durchs Hafengebiet und strömenden Regen brauch ich aber auch nicht mehr. Und wißt ihr was? Der Regen war am Check in schlagartig zu Ende. Fällt mir nichts mehr zu ein. Nauf aufs Deck, Mopete verzurren, Koje gesucht, Essen gefasst, duschen, Zähne putzen, pullern, ab ins Bett. Blog schreiben, Augen zu. Gute Nacht! Und morgen wird links gefahren, mir grauts …

Total distance: 278832 m

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