24/8 Loch im Fels / Nicht ganz dicht
Heute heißt es leider schon wieder Abschied nehmen von Shetland. Bis zur Fähre am Abend schlage ich aber noch ein paar Haken über die Insel. Nordwestlich bei Tangwick hat Colin mir noch den Dore Holm empfohlen, eine steile Felsformation mit Loch, oder Tür eben. Noch imposanter zeigte sich aber die Gegend um den nahegelegenen Leuchtturm gleich um die Ecke. Eine zerklüftete Steilküste und guter Punkt, um Seevögel zu beobachten. Landschaft und Wetter legen in diesem Moment ein richtiges Imponiergehabe an den Tag. Wieder am Motorrad muß ich mir auf die Lippen beißen. Ich stellte einen leichten Ölfilm zwischen Motor und Getriebe fest. Das wollte mir nun überhaupt nicht imponieren. Da war doch gleich am ersten Tag die Schwachstelle mit dem defekten Dichtring am Getriebe, und vorsorglich, wie ich bin, hab ich bei Volker noch Ersatzteile geschnorrt genau für den Fall, falls das unterwegs noch mal passiert. Also, dont panic, ich kontaktiere Colin und wir werden eine Möglichkeit finden, die Sache zu reparieren. Eine Email geschrieben – dummerweise hab ich mir noch nicht seine Telefonnummer geben lassen – und dann weiter die Fahrt. Nach etwas mehr als einer Stunde wurde ich doch nervös. 17 Uhr ist Check in, es ist 13 Uhr. Was ist, wenn Colin erst nach dem Abendbrot seine Emails checkt? An einer Baustellenampel steht ein Biker mit schottischem Kennzeichen. Ich kombiniere rasend schnell (hey, da wird nicht gelacht): Insel » klein » Einheimischer » jeder kennt jeden! Ich lege eine Kehrtwende hin und geb der AWO die Sporen und jage ihm hinterher mit Gehupe und Winkbewegungen. Er bekommt es zum Glück mit und wir halten am linken Straßenrand an. Anhand meiner Bilder erkennt er mein Problem und ich solle ihm folgen. Er kennt auch Colin, wer hätte es gedacht. Aber wir fahren in die andere Richtung 5km weiter zu einem Freund in die Werkstatt. Auch die dortigen Leute sind absolut hilfsbereit und ermöglichen mir sofort einen schnellen Ausbau des Getriebes. Das das in 20min geschieht, mögen sie nicht glauben, und sie glauben auch nicht, daß ich in zweieinhalb Stunden meine Fähre schaffe. Sie kennen halt so eine AWO nicht. Getriebe liegt dann auf der Werkbank, und um noch mal aufs Imponieren zurück zu kommen: es ist imposant trocken das Getriebe, also so von außen. Da läuft mir ein kleiner Schauer über den Rücken, denn wenn es nicht das Getriebe ist, dann ist der Wellendichtring der Kurbelwelle hinüber. Gar nicht gut! Überhaupt nicht! Da ruft Colin zurück und bekommt das Problem geschildert. Ich solle zusammenbauen und nach Lerwick kommen, dann schauen wir, ob wir einen neuen Dichtring auftreiben können. Mein abgefangener Biker begleitet mich nach Lerwick und führt mich zu Colin. Respekt dafür, daß er seine Zeit für mich opfert. Dann legt sich Colin ins Zeug und wir fahren zusammen mit seinem Auto einige Stationen ab, auf der Suche nach einem neuen Dichtring. Nur, am Samstag Nachmittag sitzen die Leute auch auf Shetland nicht gerade zuhauf in ihren Werkstätten und wedeln mit Dichtringen umher “Kauf hier!“, „Nein, kauf bei mir!”. Es wird heute also nix. Es gibt nun 3 Möglichkeiten erklärt mir Colin. Aberdeen, Inverness – beides auf dem Festland – und Lerwick. Laut Colin ist die beste Option, hier zu bleiben, da er hier so ziemlich alles und jeden kennt und wir Montag sicher mehr Glück haben, wenn die Leute nicht mehr mit Wochenende beschäftigt sind. Das bedingt ein Umbuchen der Fähre, welches mit Colins Unterstützung kein Problem ist. Das ich 2 Tage verliere, ist eher das kleinere Problem. Wichtig ist ein neuer Dichtring. Denn Öl zu verlieren ist doof, und Öl auf die Kupplung ist noch doofer. Ist schon aufregend, aber aufkommende Gedanken an eine Flugeinlage, wie 2019, verdränge ich sofort wieder. Soweit ist es noch nicht. Einzig die Kosten treibt es so natürlich unangenehm in die Höhe. Aufgrund der Wettervorhersage – Sturm und Regen – entscheide ich mich für ein Hotel in Calloway. Nicht das beste, aber ein Dach übern Kopf, Bett und warme Dusche für zwei Nächte. Ich decke mich noch mit Köstlichkeiten aus dem Supermarkt ein und kredenze mir ein Abendbrot auf dem Zimmer. So richtig gesund mit Käse, Obst und Skyr. Ja, und Flachmann, des Trostes wegen. Draußen geht es schon anständig zur Sache, und ich mache, nachdem ich mein Frust etwas verdaut habe, Gedanken über den morgigen Tag, der ein ungeplanter Wandertag werden könnte.