Maghreb - Wo die Sonne untergeht

15/8 Der Flug der Phoenix

Nach dem gemeinsamen Frühstück mit Ali, dem Enduristen aus Rabat, Alae (Kurzform für Aladin) und einer hungrigen Katze, die mir sogar die Füße leckt, gehts heute Richtung Küste, um der großen Hitze für die nächsten 3 bis 4 Tage zu entgehen. Ich suche mir Asilah auf der Karte aus und werde von dort aus die Küste nach Süden folgen. Spätestens am Montag werde ich dann irgendwo Richtung Marrakesch abbiegen.
Die kleine Straße, die mich nach Westen führt, ist mit ihren Kurven und auf und ab eigentlich prädestiniert für Motorradfahren, doch die Schlaglochdichte ist nichts halbes und nichts ganzes. Nicht zu kurz, dsß man nur Schlängellauf fahren müßte, aber auch nicht zu lang, daß man entspannt fahren könnte. Und da bei der sengenden Hitze die Konzentration schwer fällt, donnere ich doch das ein oder andere mal gewaltig durch die Krater. Auf halber Strecke wird dann die Strecke als gesperrt gekennzeichnet und eine Umleitung ausgezeichnet. Ich ahne aber schon bei dem Gelände, in das die Straße führt, daß das nicht gut ausgeht. Und genauso kommt es. Auf einem Anstieg stehen 3 Häuser und die betonierte 3 Meter breite Piste endet schlagartig. Früher wurden dann hier bestimmt die irregeführten Reisenden ausgenommen und sind auf nimmer Wiedersehen verschwunden. Mit der AWO wird mir das aber nicht passieren. Ich kehre um und folge der korrigierten Strecke im Navi. Und lande auf einer Schotterpiste. Nun denn, ich wollte ja eh ein bißchen offroad fahren in Marokko. Der Spass währt aber nur kurz und ich bin bald wieder auf der alten Route. 15km vor meinem Ziel kommt das Problem im Doppelpack. Die kleine Straße, auf die ich abbiegen soll entpuppt sich als bösartige Schlaglochpiste und ich kehre nach 300m wieder um. Selbst eine 2000 Jahre alte Römerstraße ist im besseren Zustand. Mich darüber aufzuregen gelingt mir aber garnicht erst. Noch ein zweimal stottern und dann ist Stille. Ich guck etwas irritiert suf meine Instrumententafel und lass mich bergab zur Einmündung hinunter rollen, wo ein kleines Wartehäuschen etwas Schatten spendet. Da ist sie also die Situation, vor der ich ein wenig Angst hatte. Motorrad kaputt, Sonne brennt von oben, am nächsten Tag wird man mich ausgelaugt und vetrocknet finden. Oder auch nicht. Ich seh mich schon wie im Film“Der Flug der Phoenix“. Noch ein bißchen rumirren und -docktern, und dann aus den Latschen kippen. Aber was nun eigentlich los? Alle Lampen aus, also ein Elektrikproblem. Für jemanden wie mich, der bereits mit 12 Jahren den Versuch unternahm, in den Schwarz-Weiß-Fernseher im Kinderzimmer etwas Farbe zu bringen, also mit hinreichend Elektronikerfahrung, mußte ich nicht lange überlegen. Und so kam ich nach 5 Minuten drauf: der Strom ist weg! Batteriekasten auf und Sicherung reingedrückt. Puff, wieder raus. Also Sicherung kaputt! Na nee, jetzt mal halblang. In die Lampe geschaut, nix zu sehen. Ebenfalls nicht unterm Lichtmaschinendeckel. Also Sitz runter und im Liftfiltergehäuse die Verteilung gecheckt. Ein Wackelkontakt, wohl verursacht von Mondkratern der marokkanischen Nebenstraßen. Als alles wieder läuft, atme ich durch und durchaus relaxt. Nix mit Abflug Phoenix. Ich such mir eine alternative Route und bin 30 Minuten später am Ziel in Asilah. An der gebuchten Unterkunft darf ich mein Motorrad auf den Hinterhof stellen. Es ist der hinterste Hinterhof, den ich kenne. Ein Haufen Schutt, ein paar Hühner, aber auch ein paar Autos. Da bin ich mal gespannt, wenn ich morgen hier wieder rein gucke, was dann noch alles seht. Oder nicht steht.
Über das Zimmer verliere ich keine Worte, soll doch um was schönes gehen. Nach dem Duschen gehts in die Medina. Auf Empfehlung von Ali gehts in ein Fischrestaurant und anschließend durch die Altstadt. Erwähnte ich schon, daß die Marokkaner ein „kleines“ Problem mit ihrem Verhältnis zum Müll haben? Sehr schade, ist doch das Ambiente und das pulsierende Leben auf der Straße sehr reizend. Eine Sache mußte ich schnell lernen: frag nicht innerhalb der Medina nach Bier! Wenn sie es denn endlich begriffen haben, was man wünscht, und ein freudiges Gesicht erwartet, wird man entweder mit sofortiger Mißachtung oder einem Blick bestraft, der keine weitere Erklärung bedarf. Zurück im Hotel wage ich noch einmal den Versuch und frage den Concergie, ob es die Möglichkeit eines Hopfenblütentees gibt. „No problem“ sagt er und verschwindet. Für eine Stunde! Als ich auf dem Zimmer bald weggeratzt bin, klopft es an der Tür und bekomme zwei Casablanca Pils gereicht. Eins gönne ich mir noch und dann ist Schicht.

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20250815

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