17/8 El Jadida
Dieser Kaffee, ich möchte fast sagen ein Wahrzeichen Marokkos, war ausgerechnet in diesem schönen Ambiente das schlechteste, was mir bisher in diesem Land über die Zunge rann. Serviert in einer lieblosen 2l-Pumpkanne schmeckte er wie an Raststätten deutscher Autobahnen. Es wird ein Omen sein für diesen Tag. Aus Rabat raus geht es den schnellsten Weg Richtung El Jadida. Kein Zwischenstopp, nix über Los. Bei der Wärme nur schnellstens die nächste Dusche erreichen. Und weil ich es heute richtig gut meine mit dem Hitzeschutz, kippe ich nicht nur ein bißchen Wasser über mein Longshirt, sondern bade es gleich komplett im Wasser. Ein Fehler, wie sich bei hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn herausstellt. Mir wird mächtig kalt und ich hab Angst, ich hole mir was weg. Nach der ersten Mautstation nutze ich die Gelegenheit und stell mich 10 Minuten ohne Jacke an die Seite und wärme mir den Rücken in der Sonne. Also das ich das mal hier freiwillig tue, hätte ich nicht für möglich gehalten. Ich erreiche am Nachmittag El Jadida und fahre ins portugiesische Viertel zum ausgemachten Treffpunkt, wo Mourad mir den Weg zum Riad und zum Parkplatz weisen soll. Mourad finde ich, aber kein Ambiente wie Tags zuvor in Rabat. Das Viertel ist von Müll und Zerfall geprägt. Die AWO bleibt zunächst stehen und wir gehen zu Fuß durch die Gassen Richtung Riad, welches am entgegengesetzten Ende des Viertel liegt. Es ist aber nicht groß und keine 3 Minuten später sind wir am Ziel. Zwischendurch zeigt Mourad mir noch den angeblich bewachten Parkplatz, wo ich mein Motorrad abstellen kann. Ein paar mehr oder weniger tolle Autos, etwas Bauschutt und Müll beherbergt dieser Platz, und ich müßte schon einen ziemlichen Sonnenstich haben, bevor ich hier die AWO stehen lasse. Aber Gemach, erst mal noch Herberge inspizieren. Ist man erst mal ins Innere gelangt, entpuppt sich diese wie eine rettende Insel, die mich von der grauen Welt da draußen trennt. Durch die Gassen fiel mir auf, daß es hier mehr Einwohner und weniger Geschäfte gibt, wie in anderen Medinas. Teilweise sieht es elendig aus. Und wenn ich nicht schon gebucht hätte, wäre ich längst wieder umgedreht und hätte mir ein anderes Fleckchen gesucht. Nicht der Schönheit wegen, sondern etwas mehr vertrauenerweckenderes. Sei es drum, auch solche Erfahrungen sammelt man. Im reichen Norwegen ist auch nicht immer alles in Butter. Da das Riad das letzte Haus in der Gasse ist, entschließe ich mich dazu, daß die AWO unter meinem Fenster stehen bleibt. Dann höre ich wenigstens, wenn jemand was dran oder abbaut. Mourad strahlt eine Lust und Laune aus, daß ich kurz davor bin, mich zu entschuldigen für meine Buchung. Dafür ist das Zimmer ok und die Terrasse mit Meerblick topp. Nach dem Duschen haue ich mich erst mal aufs Ohr. Die letzte Nacht war bekanntlich kurz. Ich erwache, als jemand versucht, mit einem Schlüssel meine Tür aufzuschließen. Gespannt sitze ich im Bett und warte ab, ob es gelingt. Ich hab jedoch von innen zugeschlossen und es hätte mich doch arg gewundert, wenn sie oder er es geschafft hätte. Nach dem vergeblichen Versuch wird es wieder still im Flur. Ich schmeiß mich in die Klamotten und schlendere zum einzigsten Restaurant in der Gegend. Schon beim ersten Durchqueren des Viertels machte mich stutzig, daß ich die portugiesische Zitadelle nicht wahrnehmen konnte. Sollte diese doch eine wunderschöne unterirdische Zisterne beherbergen. Nun, auf dem Weg zum Restaurant und einem Blick auf die Karte fiel mir auf, daß ich bereits zweimal daran vorbei lief. Es ist ein trostloses zerfallendes Bauwerk, daß nur mit einigem Abstand als Zitadelle zu erkennen ist. Und die Zisterne ist wegen Sanierungsarbeiten dicht. So, wie es oben drüber ausschaut, würde ich sagen, sie ist stark einsturzgefährdet. Die Nebengassen sind teils unansehnlich, oder man könnte positiv sagen: interessant.
Ich bekomme zu spüren, wenn sich die Einheimischen untereinder kennen und die Touristen durchreichen, damit jeder sein Geschäft mit ihnen mach kann. Sollen sie doch. Was mich allerdings stört, sind aufgrund fehlender Konkurrenz die mitteleuropäische Preise im Lokal. Das Essen schmeckt aber. Dann kommts: als ich zahlen will, wird mir vom teils deutsch und englisch sprechenden Chef des Hauses das Angebot gemacht, die Kosten zu übernehmen, wenn ich eine gute Bewertung bei google hinterlasse. Ich willige unwiderwillig ein und als ich später das Lokal verlassen will, mache ich wohl den entscheidenden Fehler: ich frage, wo ich mir Bier besorgen könnte. Das sei wohl kein Problem und ich ordere 3 Flaschen Casablanca. Und mit einmal, voilà, geht die Essensrechnung wieder auf mich. Nur weiter so, denke ich. El Jadida habe ich bereits fest ins Herz geschlossen. War nur nicht meins. Um den verherrlichenden Fotos nachzukommen, unternehme ich noch einen kurzen Trip auf die Mole gleich hinter dem portugiesischem Viertel. Eher lustlos verknippse ich meinen Digitalfilm und beschließe zur Rettung des Abends meine Bier auf der Terrasse des Riad zu verköstigen. Auf die weiteren kleinen Unannehmlichkeiten verzichte ich jetzt an dieser Stelle. Noch was positives: ein angenehmes Lüftchen weht vom Meer herein, liegend auf der Couch direkt am Fenster (der Terrasse, welche überdacht ist) genieße ich den Ausblick und das Bier. Und schreibe noch ein paar Zeilen … Schon cool, so abzuhängen.