Maghreb - Wo die Sonne untergeht

14/8 Djebli Club

Wie das so ist im Urlaub, zieht sich das Frühstück gern mal bis zum Mittag hin. Vom gemeinsamen Ausflug mit Ziyad ins Rifgebirge wird leider nichts, da auch hier der Wald, oder eher der Busch brannte und Straßen gesperrt sind. Dafür bekomme ich noch einen Tipp mit auf dem Weg, in eine Art Künstler-Camp zu schauen, den Djebli Club. Die 170km ins Land sind meine erste echte Berührung mit Marokko. Und mit der enormen Hitze dieser Tage ebenfalls! Bin auch selber Schuld daran. Die Reiseempfehlung für Marokko ist Oktober bis Mai, nicht von Mai bis Oktober. Bei anfangs fast zu starkem Wind geht es in die Berge. Das Land ist karg, viel Busch, wenig Wald. Also Steppe ist in der Steppe. In den kleinen Dörfern ist kaum eine Menschenseele zu sehen. Auf den Hauptstraßen sind seltsamerweise nicht drängelnde Autofahrer mein Problem, sondern Trucks. Ich hätte selbst ohne Gepäck nicht mithalten können. Purer Wahnsinn! Und das um so mehr, als das an fast jedem Kreisverkehr Polizeikontrollen sind. Stehen da einfach in der Hitze rum und ziehen die Leute raus. Und schwitzen nicht mal dabei! Sehen aus, wie geleckt in ihrer Uniform. Mit Motorradfahrern haben sie Gottseidank nichts am Hut. In den Nachmittagsstunden fängt es in den Tälern nun richtig an zu brüten. Gefühlte 50°C. Meine Wasserreserven fühlen sich wie heißer Tee an. Aber man soll ja nicht eiskalt trinken bei Hitze. Passt also. Ich erreiche das Camp, und sehe erst mal niemanden. Ich überlege umzukehren, aber angesichts der Anstrengung trotz der kurzen Strecke will ich so schnell nicht aufgeben. Wer weiß, wo ich das nächste Quartier finde. Also fahre ich einfach mal aufs Gelände und denke, ich sehe nicht richtig. Ein Endurofahrer packt gerade sein Motorrad ab und winkt mich heran. Ich fühle mich in dem Moment irgendwie gerettet. Marokkanisches Kennzeichen, aber er begrüßt mich in englischer Sprache. Hinter ihm entdecke ich nun noch zwei weitere Personen. Es sind die Besitzer und wir handeln sofort eine Übernachtung aus. Es ist ein sehr spartanisches Zimmer, aber die Hütte ist wohl landestypisch. Landestypisch ist auch das servierte Abendmahl und ich setze mich zu dem Enduristen mit an den Tisch. Sein Name ist Ali und er arbeitet an der Uni in Rabat und unterrichtet unter anderem Philosophie und Politikwissenschaft, wenn ich das richtig verstanden habe. Er überredet mich sogar, nach dem Essen noch mal ins 5km entfernte Dorf mitzukommen auf einen Tee. Nicht, daß mich dieses Getränk um diese Zeit – es war gegen 9 – begeistert hätte, aber mit einem Marokkaner sich noch mal ins Nachtleben zu stürzen, hat ja auch was. Wenn da nicht meine Bedenken bezüglich Nachtleben und Dorf in Marokko abends nach 9 gewesen wäre. Aber er wird schon wissen, was er tut. Also Pferde gesattelt und ab die Fuhre. Als wir ins Dorf kamen, bin ich bald aus den Latschen gekippt. Nachtleben satt! Hier staut sich alles auf, was sich tagsüber aufgrund der Hitze nicht abspielen kann. Hier hat alles auf, etliche Cafés und Shops. Fahr mal in Deutschland nach 9 durch ein Dorf. Sollte es überhaupt noch eine Kneipe geben, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß nacht 8 Küchenschluß ist und vor 9 der Chef zuschließt. Nur mit dem Tee wird es nichts. Denn als wir noch so auf der Straße stehen und Ausschau halten, fährt uns fast ein Auto übern Haufen. Fenster geht runter und ich dachte, nun gibts Anschiss. Statt dessen begrüßen sich beide herzlichst und mir wird klar gemacht, daß dies der Sohnemann vom Herbergsvater unseres Camps ist. Tee wird nun abgehakt und wir fahren alle zusammen wieder zurück. Zusammern mit einem weiteten Gast labern wir noch bis Mitternacht unterm Sternendach. Und so klingt ein heißer Tag doch ziemlich cool aus.

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20250814

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