30/8 Islay’ve You
6.30 steht da auf dem Handy. Es hätte aber 6.15 klingeln müssen. Geht ja gut los, der Tag. Oder besser, der allzufrühe Morgen. Zum Glück habe ich abends schon vorgepackt und muß mich nur noch in die Klamotten schmeißen. Es steht eine morgendliche einstündige Fahrt über Skye zum Fährhafen an. Hat auch seinen Reiz um die Zeit, aber ich keinen Nerv. Ich schiele nur aufs Navi, ob die Ankunftszeit noch mit der Check-in-Zeit übereinstimmt. Tut sie, auf die Minute. Ab auf die Fähre und erst mal wieder entspannen. Heutiges Ziel ist der Fährhafen Kennacraig, um auf die schönste aller Inseln zu gelangen, zumindest für Whiskykenner ist sie das. Als strategisches Reiseziel war Islay nicht unbedingt erste Wahl, weil eher Sackgasse und zweimal Fähre von und zum selben Punkt. Eine kurze Konversation mit Bernde, in der er mich genordet hat, und wenige Minuten später hielt ich ein Ticket für Islay in der Hand, virtuell gewissermaßen. Früher ohne Handy und Internetkram wäre man einfach zum Hafen und hätte sich überraschen lassen. Moderne Technik macht ja vieles einfacher, aber es hat auch das Reisen drastisch verändert. Papierlandkarte und “Mami, ich bin dann mal weg” ist heute nicht mehr. Nun bin ich auch nicht der Typ, der die Technik in die Ecke schmeißt und die Papierkarte wieder raus holt. Auf den Reiseblog könnte ich während der Reise verzichten, aber den Mehrgewinn an spontan zusätzlich recherchierten Reisezielen unterwegs möchte ich nicht missen. Thats life.
Wo war ich stehen geblieben? Ah, Fährhafen Richtung Whisky, ähm, Islay. Die Strecke lässt heute keine Alternativen zu, so das ich meist der Hauptstraße folgen muß. Durch die Ausläufer der Highlands, einer Harry-Potter-Brücke vorbei – übelster Touristenpunkt übrigens – und mehr und mehr der Sonne entgegen. Man könnte denken, der Frühling naht. Nach einer Kaffeepause folgt Teil zwei der Episode von heute Morgen. Mein Navi zählt die Zeit nicht runter, wenn das Motorrad steht. Als ich mich wieder in Bewegung setze, arbeitet das Navi wieder korrekt und auf der rechten Seite, wo die Ankunftszeit steht auf einmal: ‘Das wird knapp, arschknapp!!!’. Die AWO muß nun alles geben, ich auch, vollbeladen gar nicht mal so leicht auf den zwar durchgehend asphaltierten Straßen, aber doch mit einigen Rinnen und Unebenheiten versehen. Hinzu kommt, daß die Strecke zwar größtenteils abgetrocknet ist, aber hinter jeder Kurve ein Rinnsal die Straße queren kann. In maximaler Schräglage übersteht man das nicht lang. Es strengt unheimlich an, 2 Stunden am Stück die Konzentration hoch zu halten. Dabei geht es nicht um Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern die äußerst kurvige Strecke und schlecht einsehbaren Kurven. Sagen wir mal so, es war hier und da ein bißchen heikel, aber am Fährhafen wurde ich mit “You come to the right time!” begrüßt. Yes, Islay, i’m coming.
Port Ellen ist genau das kleine Örtchen, was ich in meiner Vorstellung in Verbindung bringe mit Orten, die den Namen Port vorangestellt bekommen haben. Mein ausgesuchter Wildcampingplatz liegt keine 3km weg. Ich zieh nicht mal die Handschuhe aufgrund der endlich wärmenden Sonne. Ein paar Camper stehen auf der Wiese nahe dem Wasser. Ich mogle mich ganz nach vorn und freu mich einfach. Über Islay, die Aussicht, die AWO, die nicht schlapp macht, und vor allem, das Privileg hier sein zu dürfen und können.