31/8 Whisky On The Rocks
Ich nenne das ja gern Motorradwandern, wenn ich auf kleinen Straßen durch die Gegend mäandere. Heute ist es eher ein Whiskywandern, mit der Prämisse, hinterher nicht zu sehr über die Straße zu mäandern. Man sollte die Reize der Insel selbst nicht außer Acht lassen, aber heute liegen die Prioritäten anders. Gleich wohl, ich werde nicht allen Destillerien einen Besuch abstatten, sondern lediglich den auf dem Weg nach Port Askaig liegenden. Über Port Askaig werde ich Islay heute auch schon wieder verlassen. Los geht es gleich mit meiner Haus-Leibmarke Laphroaig. Es ist im Visitor Center unheimlich leer, ganz anders als bei Talisker. Letztere kommt wohl zu Gute, daß es auf einer ausgesprochenen schönen Urlaubsinsel liegt und von daher der Andrang schon viel größer ist. Um so besser für mich beim stöbern und fotografieren mit all der Ruhe. Ich komme hier natürlich nicht um Mitbringsel herum und sacke mir ein paar Kleinigkeiten ein. Ähnliches bei Lagavulin und Ardberg, die in Steinwurfweite nach Laphroaig folgen. Bei Lagavulin gibts eine Kostprobe von einen hervorragenden Tropfen. Aber ich merke auch, dies wird der einzigste Tropfen bleiben, den ich probiere, wenn ich bei natürlich wirkenden Fahrkünsten bleiben will. Am Strand kurz hinter Lagavulin werde ich von einem Opa angesprochen, der diese Bezeichnung im positiven Sinne auch verdient. Er gibt auf seiner Bank sitzend mit dem Häuschen im Hintergrund ein idealisiertes Bild ab, was ein Foto Wert gewesen wäre. Aber aus Respekt, und weil er mich sofort ins Gespräch verwickelt, “verpasse” ich den Schnappschuß. Ich verpasse aber nicht eine sehr angenehme, wenn auch zu kurze Unterhaltung. Trotz Sprachhürden hatte ich dem Moment den Wunsch, einfach so lange zu bleiben, wie man was zu erzählen hätte. Ein Moment, in dem (Weiter-)Reisen wollen auch eine Form von Druck ist, dem ich mich einmal mehr hingebe und so andere schöne Momente verpasste.
Nach Ardberg geht es dann im Uhrzeigersinn um die Insel, und leider schon zur letzten Destillerie am heutigen Tag, weil ich 15 Uhr schon wieder an der Fähre sein muß. Bowmore, auch hier lass ich noch mal etwas Geld, aber auch hier keine Flasche. Nicht nur wegen Preis, sondern das Zeug müßte ja auch irgendwo verstaut werden. Oder räum ich den Werkzeugkoffer aus? Hach ja …
Gegen halb 6 komme ich am Zielhafen Kennacraig an und muß mich zwischen Wildcampen in 46km Entfernung, oder Campingplatz in 128km Entfernung entscheiden. Es ist ein warmer sonniger Tag und ich hab Rückenwind. Also entscheide ich mich auch aufgrund des geringen Verkehrs für den Campingplatz. Gegen 7 verdecken die nun wieder größeren Berge mehr und mehr die Abendsonne, und so, wie es schattig wird, wird es auch empfindlich kalt. Ich zieh mir trotzdem nichts über, bis 8 halte ich das aus. Am schönen Inveraray Castle versperrt mir viel Zaun und Baumbewuchs einen freien blick aufs selbige. Kurz dahinter führt mich jedoch ein nicht gesperrter Waldweg ins innere Parkgelände und ich bekomme meinen Schnappschuß. Im Castle schaut jemand aus dem Fenster und findet das wohl nicht so toll. So schnell, wie ich über den Waldweg in den Park gekommen bin, verschwinde ich auch wieder.
Bis hierhin hätte es ja ein wunderschöner Tag werden können, aber irgendein Wermutstropfen mußte ja noch kommen. Der Campingplatz ist ein Gewesener, nur B&B, und natürlich voll belegt. Die freundliche Besitzerin gibt mir den Tipp, wenige Kilometer zurück nach Fort Williams zu fahren. Nur dieses Fort Williams, in dem ich noch zuvor getankt habe, ist so eine Art Ferienziel für Leute, die in Natur die Sau raus lassen wollen, also eine Art Zusammenrottung von Partypeoples. Absolut nicht mein Ding und ich frage sie, ob es da nicht was einsameres gibt. Kurz kommt der Gedanke nach Glasgow rein zu fahren, keine 70km entfernt, und dort was zu suchen. Wenn schon Party, dann richtig. Aber ich verwerfe diesen Gedanken schnell wieder. Schließlich kommt sie mit einer besseren Lösung um die Ecke, und die ist nur 15 Minuten entfernt. Campingplatz Beinglas (was für ein Name, und das mitten in Schottland), gediegen in den Bergen. Hingebraust, Zelt aufgebaut, geduscht, und aufs Steak freuen, welches ich da auf dem Grill vorm Haus gesehen habe. Dumm nur, daß vor meiner Nase alles zusammen geräumt wird. 21 Uhr ist Küchenschluß. Na gut, Geld gespart. Gibts stattdessen Käse und Brot. Und für die gute Nacht einen Laphroaig.