Tag 26 (21/06): Schweres Wasser

Total distance: 636.23 km

 

Frühstück gibts heute Morgen vom Büfett mit Blick auf die Stabkirche. Auf dem Weg zum Kraftwerk Vemork gibts wieder Naturkost vom Feinsten. Ein Highlight ist das Hochplateau Valdresflye mit 1389 Höhenmetern. Hab ich schon erwähnt, daß ich solche Hochebenen liebe? Ich habe es woanders gelesen, aber sinngemäß hätte es auch von mir sein können: die Fahrt durch diese Landschaft gibt einem das Gefühl zu fliegen. Und weil ich so verliebt in die Landschaft bin, kaufe ich mir noch ein Souvenier als anständiger Tourist, denn die Trolle wollen ja auch von was leben da oben. Seit dem Morgen macht mir ein vorhergesagter stürmischer Wind zu schaffen. Die AWO muß noch mehr kämpfen am heutigen Tag. So kommt es, daß ich stellenweise in Schräglage Geraden fahre und in Kurven fast aufrecht um die Ecke biege. Ein ganz schönes Geeiere ist das heute. Nach dem Hochplateau kommen auch noch große dunklen Wolken auf und ich packe mich wasserdicht ein. Den Fluten werde ich nicht weichen können. Doch wie durch ein Wunder bekomme ich keinen Tropfen ab und schlängle mich durch die Sturzbäche hindurch. Lediglich meine Wanderstiefel haben einiges an Spritzwasser auszuhalten. Es geht nichts über ein Paar anständige Wanderstiefel. 99% wasserdicht und man kann abseits der Piste auch schnell mal zu Fuß durchs Gelände robben. Machst du mit Motorradstiefeln nicht! Kurz vor 6 erreiche ich eines meiner letzten geplanten Ziele auf meiner langen Reise. Obwohl nur bis 18 Uhr geöffnet, mache ich bei der Empfangsdame ein trauriges Gesicht und meinte, daß ich da wohl Pech hätte. Sie erwiderte, ich könne die restlichen Minuten noch hinein und auch Fotos machen. Unentgeltich natürlich. Also flitze ich durch die Trubinenhalle und knippse alles kurz und klein. Vieles mit den Turbinen ist mir bereits aus Tyssedal bekannt. Nach der Hatz durch die Halle mache ich noch ein paar Außenaufnahmen und lasse mir Zeit, alles auf mich wirken zu lassen und mich mit der berühmten Geschichte um die Sabotageakte der Alliierten im zweiten Weltkrieg zu beschäftigen. Stichwort Schweres Wasser. Eine Stunde döse ich so vor mich hin, bis ich mich langsam mit dem Gedanken beschäftige, wie es nun eigentlich weiter geht. Lager aufschlagen, oder weiter fahren, da alle dunklen Wolken verflogen sind und man nun trocken ein paar Kilometer machen könnte? Und wenn weiter, wohin? Zu Oliver, eine Schwungscheibe wecheln, die nun ca. 2000km gehalten hat? Oder direkt nach Kristiansand zur Fähre nach Dänemark? Bei Oliver hätte ich nur kurz Hallo sagen können und hätte auch schon weiter gemußt. Und auf Scheibe wecheln hätte ich dann auch keine richtige Lust mehr, zumahl ich der rettenden Heimat immer näher kam. Einmal in Dänemark nimmt man dieses Land als Wegstrecke gar nicht mehr so richitg ernst, nach all den Kilometern. Die, sollte doch noch was passieren, rettenden Nordlichter sind nicht mehr weit entfernt. Dazu gesellt sich nach 4 Wochen eine gewisse Reisemüdigkeit und die Sehnsucht nach Ausspannen. Letzten Endes waren es diese Gedanken und die gerade zu läpischen gute 230km, die die Entscheidung auf Kristiansand haben fallen lassen. Oliver möchte ich schon kennen lernen, aber nicht im kurzem Vorbeifahren. Und mit der Schwungscheibe waren wir uns beide wohl schon einig, was so lang bis hier runter gehalten hat, daß hält die letzten paar Kilometer auch noch. Hoffe ich, duck und weg …
An dieser Stelle muß ich auch noch mal Bernde und Oliver großen Dank aussprechen, die es überhaupt ermöglicht haben, ein AWO-Außendepot in Norwegen zu errichten, welches im Notfall noch mal eine Anlaufstelle gewesen wäre für mich. Danke Bernde, danke Oliver!
Ich fahre also in die Nacht hinein bis zu einem Campingplatz nahe dem Flugplatz Kristiansand. Und zum ersten Mal seit Wochen erlebe ich wieder so etwas wie Dunkelheit in der Nacht. Die letzten zwei Stunden ist es noch mal bitter kalt geworden und ich sehne mich nach meinem Schlafsack. Wohlwissend, daß es eine kurze Nacht wird. An der letzten Tankstelle kaufe ich online mein Fährticket für 8.30 Uhr und setze mich so natürlich auch unter Druck. Von nun an gibts kein Zurück, keine Panne, und kein Ausschlafen. Um 1.30 Uhr verschwinde ich im Zelt und ratze sofort weg.

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