Tag 25 (20/06): Den Trollen auf der Spur

Total distance: 409.51 km

 

Letzte Nacht ging wieder an die Substanz. Zelt und Schlafsack sind nicht gut bei Erkältung. Alles für die Genesung kommt zu kurz. Nützt nichts, auch heute muß es weiter gehen. Dabei ist noch garnicht raus, wohin ich mich eigentlich bewege. Bergen wäre die kürzeste und schnellste Lösung. Ab auf die Fähre und nach Dänemark. Von da an wäre ich in zwei Tagen zu Hause. Oder doch zu Oliver nach Jørpeland, um die Schwungscheibe noch zu wechseln. Fragt sich nur, ob sich das noch lohnt. Mehr als die Hälfte der Strecke von Alta aus hätte ich weg, und bis heute Abend lief die Maschine wie ein Bienchen. Nur das blöde Öl tropft hinten am Motor gerne mal raus. Aber egal, welche Entscheidung gefällt wird, Trollstigen und Geiranger stehen noch auf dem Programm. Bis dahin liegen aber noch 3 Fähren auf dem Weg. Und genau wegen denen hab ich heute aber mal sowas von die Faxen dicke! Alle drei legen kurz vor meiner Nase ab! Was ich bei der dritten Fähre verlautbarte, kann ich hier nicht veröffentlichen. Aber es war laut! Der Spass kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Reisezeit. Eine Stunde etwa 60km. Und wenn du weißt, daß es abends regnen wird, dann bist du über jeden Kilometer froh, den du trocken fahren kannst. Und über eine Stunde Wartezeit ist dann ein Ärgerniss. Auch im Urlaub. Etwas pieselig erreiche ich Trollstigen von Norden her. Ein kurzes Picknick am Wegesrand zuvor, und dann ab durch die Mitte. Haha, kennt von den Lesern jemand Picknick am Wegesrand? Eins meiner Lieblingsbücher zu einem meiner Lieblingsfilme. Aber ich schweife ab. Trollstigen ist schön und fahrenswert, vor allem, wenn man hunderte Kilometer auf der E6 hinter sich hat, wo fahrerisches Können nicht so gefordert ist. Oben angelangt kommt man zur schönen Terrasse für die Touristen zum nach unten Gucken. Busse karren hier die ganze Zeit rum zwischen Trollstigen und Geiranger. Was ein Krauß. Ich spare mir die Plattform, mache aber kurz hinterher ein Stop, obwohl ich so recht fotomachwertes garnicht entdecken kann. Dafür steht ein Leipziger mit so einer modernen BMW da oben, und erzählt mir Sachen. Also so Sachen eben. Ein Foto muß natürlich sein von der AWO. Mit mir? Ja klar, warum nicht. Anschließend empfiehlt er mir seine Frau. Nein, nicht was ihr denkt. Sie arbeitet bei Fielmann im Zentrum von Leipzig. Ich weiß jetzt nicht so richtig, was er damit sagen will, aber statt nun zornig zu gucken bewahre ich weiterhin mein erstaunten Gesichtsausdruck. Unmittelbar schlägt ein finnisches Paar samt Harleys neben uns auf. Der Fahrer ist wie Kelle und will meine AWO fotografieren. Kein Problem. Mit mir? Schon wieder? Wie zerstört muß ich denn heute aussehen, daß die Leute mich in ihr Fotoalbum rein haben wollen? Der Finne, ein Rocker vom Club „haste nicht gesehen“, erzählt mir noch, sie haben ganz frisch geheiratet und sind auf Jungfernfahrt. Also irgendwie hat sie auch die ganze Zeit so geguckt. Aber ich schweife schon wieder ab. Auf zum Geiranger. Und kaum fresse ich die ersten Serpentinen in mich hinein, was sehe ich, das Albtraumschiff Aida. Das ist in den letzten zwei Jahren nun das dritte mal. Kommt man so ahnungslos und froh gesinnt ans Wasser gefahren, denkt, hier isset aber schön, und noch um die Ecke gekiekt, peng, Aida. Touristenauflauf heißt das. Aber ok, der Ort Geiranger macht auch genau den Eindruck auf mich, und ich verzieh mich ratzfatz auf der anderen Seite den Berg wieder nach oben. Und hier werden meine Sinne wieder gestreichelt. Eine Hochebe, Schnee, ein halb aufgetauter See, und kaum Menschen. Nach etwas nicht so glücklichen Momenten heute, fahre ich nun gut gelaunt wieder abwärts bis zur Rv15. Und komme an einen Punkt, wo ich eine Entscheidung treffen muß. Bergen oder Oliver, oder weiter im Text. Ich rede in mich hinein, frage Hals und Nase, ob sie immer noch ein auf Dicke machen wollen. Und ich habe das Gefühl, sie werden etwas kleinlaut. Es mag sein, daß ich morgen die Entscheidung bereue, aber ich entscheide mich für links rum. Lom mit Stabkirche und das Wasserkraftwerk Vemork wären die nächsten Ziele. Lom ist schnell erreicht. Ein kurzer Rundgang um die Stabkirche, welche leider nicht offen ist, und dann schnell zum Campingplatz 50 Meter weiter. Die ersten Tropfen fallen bereits. Weil ich gestern gratis campen durfte, nehm ich heute Hütte. Kost ja nüscht.