Tag 4 (16/8): Highnoon in Zakopane

Liebe Kinder, merkt euch das, Zakopane in der Ferienzeit macht kein Spass! Und wenn dann noch in der Stadt 3 Kilometer Baustelle sind, dann ist das … In einem Kreisverkehr stand ich wieder mal bei sengender Sonne knappe 20 Minuten an Ort und Stelle. Es ging nicht vor, nicht zurück, und keine Ausweichmöglichkeiten. Auf den einspurigen Abschnitten der Baustelle war mehr oder weniger alles sich selbst überlassen. Kaum Regulierer zu sehen, die mal die eine, mal die andere Richtung durch ließen.
Es war nun der 3. Tag in Folge, in der ich an meinen Fähigkeiten, eine anständige Route zu planen, starke Zweifel hegte. Erst als ich die Hohe Tatra im Rücken hatte, lief es wieder ziemlich normal bis gut. Kein Wunder, da doch die Zivilisationsdichte, je weiter man Richtung Osten kommt, stetig abnahm. Gerade auf den letzten Kilometern in der Slowakei kamen mir Ortschaften wie ausgestorben vor.
Aber was war nun mein Ziel? Ustrzyki Górne im äußersten Südostzipfel Polens im Naturreservat. Vor 3 Jahren bereits eine Etappe auf meiner ersten Polen-Rundreise. In Erinnerung sind mir immer noch die vielen Feuersalamander auf meiner abendlichen Wanderung. Nun sollte es tiefer ins Naturreservat hinein gehen. Also studierte ich die Gegend etwas genauer und ich wurde fündig. Was bisher in keiner mir bekannten Camping-App vermerkt ist, entpuppte sich beim Kartenstudium und Recherchieren als relativ junger Zeltplatz. Die Wiese ist ein echter Geheimtipp! Kaum Gäste trotz Ferienzeit, schöne Lage, und kaum Verkehr, da die Straße eine Sackgasse ist. Doch dann das: kein Funksignal und kein Wlan! Mein erster zivilisatorischer Reflex wollte mich vom rechten Pfad abbringen. Es brauchte einen Moment, ehe ich zur Besinnung kam und mich selbst kneifen mußte. Alter Schwede/Steppe, ist doch genau das, was du suchst! Ruhe, Entspannung, und die Außenwelt kann mich mal.
Es beschäftigt mich noch eine Weile, warum ich überhaupt überlegt habe, mich weiter auf Suche begeben zu wollen. Wie sich eine Abhängigkeit von dem modernen Kram in den grauen Zellen im Laufe der Zeit einschleicht … Das wir früher mit papiernen Karten überhaupt aus dem Wald wieder raus gekommen sind?!
Vor Ort gibt es eine kleine Küche, Aufenthaltsraum, und eine kleine Dusche mit WC. Duschen, futtern, ab ins – nee, nix mit Bett! Zigarren und Flachmann geschnappt, und ein gemütliches Lagerfeuer gemacht. Holz ist in Mengen da.
Was nun folgte, nur im Telegramstil, sonst ufert das hier aus mit Text. Außerdem tut mir der Daumen vom tippen weh. Mal so nebenbei: ich schreib das hier alles im flinken Ein-Finger-System aufm Handy. Genauer gesagt, mit dem rechten Daumen. Somit dürften jeden Mehr-Finger-Nutzer klar werden, wie lang ich hier so an ein paar Zeilen rummeiseln tue.
Also, 1.: Holz holen und mit der Axt klein machen -> Zeigefinger blutet
2.: Kopf am Grill gestoßen, der ca. 1,20m über der Feuerstelle hängt und im Dunklen kaum zu sehen ist.
3.: Pappe zum Anzünden brennt nicht, schmort aber schön vor sich hin.
4.: Holz noch kleiner machen, um es mit dem Gasfeuerzeug anzubekommen.
5.: Kopf am Grill gestoßen.
6.: Mein Gasfeuerzeug ist schon halb leer, nix brennt. Aber es qualmt anständig.
7.: Ich dreh mich Richtung Zelte um und denke au Backe! Der Zeltplatz steht unter Rauch! Keiner der Gäste beschwert sich. Sind schon alle tot?
8.: Ich mach hektisch das, naja, Feuer ist es nicht, aber so etwas ähnliches, aus. Ich stochere wie wild darin rum und versuche es zu verteilen, damit es aufhört.
9.: Ich stoße mir den Kopf am Grill.
10.: Alles Scheiße!

Wartet, geht noch weiter:

11.: Ok, Zeit für Whisky und Zigarre.
12.: Zigarre 1 angezündet, aber für das Teil bräuchte man ein Saugkompressor und geht immer wieder aus.
13.: Wenigsten der Whisky schmeckt.
14.: Zigarre 2 schmeckt wie Hufe, geht auch immer wieder aus.
Ich schließe mit einem Whisky ab und bin angefressen. Zu blöd zum Feuer machen und zum rauchen, Finger blutet und Horn am Kopf, die anderen Gäste mit Rauchvergiftung ins Jenseits befördert. So endet ein romantischer Abend eines Großstadtzivilisten in der Wildnis.

Total distance: 363.47 km

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