Tag 10 (22/8): Ene Mene Memel

Den halben Tag verpennt. Naja, eher mit Koch, dem Robert, die Zeit verquatscht. Dann aber endlich los. Und nach kurzer Fahrt gleich wieder Stop. Fahkartenkontrolle. Also Zulassungskarte, Fahrerlaubnis- und Personalkarte. Aus einem Pulk mehrerer Fahrzeuge, alle mit angemessener Geschwindigkeit, werde ich vom Freund und Helfer raus gewunken. Bin wohl ein echter Hingucker. Mein Fahruntersatz ruft leichtes Amüsement hervor. Ein Kollege tippt gefühlt die ganze Zulassung ab in sein Handy. Die Personalien werden aber, wie schon beim ersten mal, handschriftlich in einem Notizbuch vermerkt. Die Show muß ich nicht bezahlen und darf unbescholten weiter reisen. Diesmal sind die Nebenstraßen nicht schlecht. Meist sind sie gut, manchmal einfach nicht vorhanden. Macht nichts, ich kämpfe mich trotzdem durch. Seit Albanien schreckt mich nichts mehr. Aber die teilweise sehr sandigen Abschnitte sind schon echt ein Graus. Das Fahrgerät fährt überall hin, nur nicht gerade aus. Am Nachmittag hab ich dann endlich meine Premiere im Baltikum und überquere die Grenze nach Litauen. Wobei von Grenze nicht viel zu spüren ist. Hier gehts einfach rüber und nüber. Uniformierte sind nicht zu sehen. Das Problem vor Ort ist nur, man baut hier eifrig an einer Autobahn. Nein, das ist nicht das Problem, aber völlig unberücksichtigt bleibt dabei, daß in dieser kilometerlangen Baustelle keine Ausfahrt ausgeschildert ist. Man hat Mühe, überhaupt eine zu erkennen. Ich fahre an meiner erst mal vorbei, weil sie baulich nicht vorhanden ist und wende dann einfach. Oder eher eiskalt. Ohne Ausfädelspur mal knallhart von einer Autobahn auf eine Schotterpiste abzubiegen hat auch ein gewissen Reiz. Und mit Schotter ging es dann die nächsten 5 Kilometer weiter. Warum wollte mich das Navi ausgerechnet hier von der Bahn lotsen?
Egal. Die schöne polnische Landschaft verblasst zusehends und geht auf litauischer Seite mehr und mehr in flaches Land mit geraden Straßen über. Verblassen scheint auch mein Verstand, denn mit zunehmender Fahrtdauer rutscht auch mein Ziel mehr und mehr in die Ferne, hab ich das Gefühl. Und wieso steht die Sonne um 7 noch so hoch am Himmel? Ich halt das im Kopf grad nicht aus und lege einen Tankstopp ein. Kurze Zeit später fällt der Groschen. Obwohl Polen und Litauen geschichtlich und geografisch relativ eng verflochten sind, so haben beide doch verschiedene Zeitzonen. Auf mein Ziel, die Kurische Nehrung, hab ich nun keine Lust mehr. Ein studierender Blick aufs Handy nach Übernachtungsmöglichkeiten verrät mir, in 5 Kilometern gibts einen Campingplatz an der Memel mit sehr guten Bewertungen und scheinbar sehr gutem Honig: Honey Valley. Dumm nur, daß der Platz auf der anderen Flußseite liegt und so muß ich noch mal 30km abspulen, um über eine entfernte Brücke zum Ziel zu kommen. Ein wirklich schöner Platz, und vom Honig wurde nicht gelogen, der fließt hier reichlich. Der Chef war wohl zu sowjetischen Zeiten Kolchosenimker. Ich miete eine Hütte mit Dusche, bekomme diese aber erst nach Mitternacht zu sehen. Denn auf dem Platz steht bereits Heinrich. Seines Zeichen BMW-GS-Fahrer und wie sich schnell rausstellt, Kenner der schottischen Whiskymanufakturen. Und so bieten wir uns gegenseitig unsere Mitbringsel an und verlieren uns in gepflegter Konversation. So darf ein Abend auf einer Reise gern ausklingen, so muß das sein!

Total distance: 381.83 km

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